Aktuelle Ausstellung
DIE WELT IM BILDNIS.
PORTRÄTS, SAMMLER UND SAMMLUNGEN IN FRANKFURT VON DER RENAISSANCE BIS ZUR AUFKLÄRUNG
Das Museum Giersch der Goethe-Universität präsentiert Ausstellungen zur Kunst- und Kulturgeschichte des Rhein-Main-Gebiets und zu Themen aus einem breiten Spektrum der universitären Forschung, Lehre und Sammlungen. Ausstellung und Katalog entstanden in Zusammenarbeit mit der Städel-Kooperationsprofessur und Studierenden am Kunstgeschichtlichen Institut der Goethe-Universität. Sie widmen sich der Bildniskunst in Frankfurt von der Renaissance bis zur Aufklärung, vermitteln die Ergebnisse mehrjähriger universitärer Forschungsarbeit und eröffnen faszinierende Perspektiven auf das neuzeitliche Porträt und seinen sozialen Gebrauch.
Frankfurter Porträts und Frankfurter Porträtsammler – da kommen zunächst die Patrizierfamilie von Holzhausen und deren Bildnisse von Faber von Kreuznach, Ziesenis, Urlaub oder Tischbein in den Sinn. Sie kamen im Jahre 1923 ins Städel Museum, nachdem sie zuvor jahrhundertelang die Wände des »Holzhausenschlösschens« geschmückt hatten. Denn mit dem Tod Adolph von Holzhausens erlosch die älteste und in der Stadtgeschichte wohl bedeutendste Frankfurter Patrizierfamilie in der männlichen Linie. Dank ihres biologischen Reproduktionserfolgs hatten die Holzhausen alle anderen Frankfurter Patrizierfamilien nicht nur überlebt, sondern die meisten auch beerbt und so einen unvergleichlichen Besitz an Kunstwerken, Büchern und Archivalien zusammengetragen, der nun an die Stadt Frankfurt und ihre Museen, Archive und Bibliotheken fiel.
Doch nicht alle Teile dieses Erbes blieben wie die Gemälde im Städel Museum im Blick der Öffentlichkeit. So gab jüngst die Wiederentdeckung eines Bestandes von über 1250 Porträtgrafiken in der Frankfurter Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg zunächst den Anstoß zu einem Forschungsprojekt durch die Städel-Kooperationsprofessur am Kunstgeschichtlichen Institut der Goethe-Universität. Dabei zeigte sich sehr schnell, wie reich und vielfältig, aber auch wie unbekannt das Material zur Porträtkultur und zu den Porträtsammlungen im Frankfurt des 16. bis 18. Jahrhunderts teilweise ist. So entstand die Idee zu dieser Ausstellung, die erneut in enger Kooperation mit Studierenden des Frankfurter Kunstgeschichtlichen Instituts realisiert worden ist.
Auch wenn der Materialkern der Ausstellung durch die Frankfurter Holzhausen-Sammlungsbestände gebildet wird, greift sie in ihrem Frageinteresse – und damit auch mit ihren Exponaten – weit darüber hinaus. So zeigt sie beispielsweise mit dem bedeutenden Arzt und Naturwissenschaftler Johann Christian Senckenberg oder dem heute vergessenen Buchhändler Grohte weitere wichtige Frankfurter Porträtsammler. Deren Sammlungen strebten – anders als die der von Holzhausen – keinen vollständigen Überblick über die ständisch gegliederte Gesellschaft ihrer Zeit an, sondern konzentrierten sich auf die Bildnisse von Ärzten und Naturwissenschaftlern beziehungsweise von Schriftstellern und Gelehrten. Da zahlreiche Frankfurter Sammler des 18. Jahrhunderts wie Senckenberg oder dessen Zeitgenosse Johann Christian Gerning, aber auch der Frankfurter Patrizier Heinrich Kellner bereits zwei Jahrhunderte zuvor mit ihren Sammlungen einen wahrhaft enzyklopädischen Wissenshorizont absteckten, stellt die Ausstellung auch einige Beispiele von deren Sammlertätigkeit vor. Neben Heinrich Kellners bisher gänzlich unbeachtet gebliebenem, spektakulären »Kunstbuch« aus dem Jahre 1588 sind hier auch die zoologischen Präparate Gernings zu nennen, die sich teilweise sogar bis zur berühmten Naturforscherin, Künstlerin und Sammlerin Maria Sibylla Merian zurückführen lassen.
Alle genannten Frankfurter Sammlungen bildeten in ihrer Objektauswahl und Objektanordnung auf die eine oder andere Weise Aspekte des damaligen Wissens um die Welt ab. Von Angehörigen der wohlhabenden patrizischen oder zumindest bürgerlichen Oberschicht zusammengetragen (denn nur diese verfügten über die dafür notwendigen finanziellen Mittel), spiegeln insbesondere die Bildnissammlungen die bestehenden Ordnungsvorstellungen ihrer Zeit wider. Dies zeigt sich auf besonders interessante und augenfällige Weise im Umgang mit Personen, die aus eben diesen als allgemeingültig verstandenen Ordnungsprinzipien herausgefallen waren wie Verbrecher oder auf andere Weise sozial geächtete Personen. Welche Bildstrategien der Ausgrenzung hier zum Einsatz kommen konnten, wird in der Ausstellung ebenso untersucht wie der an den Bildern zu beobachtende Versuch, die verletzte Ordnung zumindest im Bild symbolisch wiederherzustellen.
Und nun viel Spaß und interessante Entdeckungen beim 3D Rundgang und der Bildergalerie!

Johann Lorenz Müller (1601–1667), zugeschrieben
Ahnenbaum von Maria Justina (1616–1681) und des Johann Maximilian zum Jungen (1619–1636), 1634
Öl auf Leinwand. Frankfurt, Städel Museum
Ein Geschwisterpaar aus dem Patriziat stellt mit diesem Ahnenbaum seine vornehme Abstammung aus – und empfiehlt sich damit als gute Partie im Spitzensegment des Frankfurter Heiratsmarktes. Bereits im 16. Jahrhundert hatten die patrizischen Familien, die das Stadtregiment dominierten, damit begonnen, vorzugsweise nur mehr untereinander zu heiraten, um die großen Vermögen beisammen zu halten.
So zählten auch die Geschwister Zum Jungen einige Angehörige der Holzhausen, der ältesten Frankfurter Patrizierfamilie, zu ihren Vorfahren, kenntlich am Wappen mit den weißen Blüten auf schwarzem Grund. Da die Zum Jungen lange vor den Holzhausen in der männlichen Linie erloschen (auch der im Bild dargestellte Johann Maximilian starb 1636 kinderlos), gelangte ihr Erbe, darunter auch dieses Gemälde, später an die Holzhausen.

Palmin-Serienbilder [Serie 24–46], Sammelalbum der Palmin-Werke, Mannheim, um 1905
Je sechs Chromolithographien
Frankfurt, Goethe-Universität, Sammlung Politische Bildgedächtnisse – Historisches Seminar
Im späten 19. Jahrhundert entdeckte die Wirtschaft die Werbung für ihre Zwecke. Neben Plakaten an den Litfaßsäulen kamen auch Sammelalben für Klebebilder in Mode. Der Kokosfett-Hersteller Palmin tat sich hier besonders hervor, so dass der Begriff »Palmin-Bilder« heute fast synonym für die frühen Werbe-Sammelbilder steht.
Nicht nur die als Chromolithografien hergestellten Palmin-Sammelbilder waren künstlerisch anspruchsvoll gestaltet, sondern auch die Alben, in denen die Bilder – häufig Porträts bedeutender Persönlichkeiten – präsentiert wurden.

Conrad Faber von Kreuznach (um 1500–1552/53)
Bildnis des Hamman von Holzhausen, 1529
Mischtechnik auf Lindenholz. Frankfurt, Städel Museum
Mit Hamman von Holzhausen (1467–1536) porträtierte Conrad Faber 1529 eine der bedeutendsten Personen aus der Geschichte Frankfurts. Nicht nur bekleidete Hamman, der seit 1493 Ratsherr und seit 1499 Schöffe war, viermal das Amt des Älteren Bürgermeisters, er gehörte 1520 auch zu den Mitbegründern der städtischen Lateinschule und war ein entscheidender Wegbereiter der Reformation in Frankfurt.

Conrad Faber von Kreuznach (um 1500–1552/53)
Doppelbildnis des Justinian von Holzhausen und seiner Frau Anna, geb. Fürstenberger, 1536
Mischtechnik auf Lindenholz. Frankfurt, Städel Museum
Justinian von Holzhausen (1502–1553) und seine Frau Anna Fürstenberger (1510–1573) sind in diesem Doppelbildnis in einen vielschichtigen allegorischen Handlungsrahmen gesetzt: Zwischen beiden sitzt der Liebesgott Amor, der mit seinen brennenden, Liebe auslösenden Pfeilen die glückliche Verbindung der beiden betont. Trotz der modern anmutenden Idee der Liebesheirat nimmt das Bild doch eine klassische Rollenzuweisung vor: Während Anna im häuslichen Rahmen gezeigt wird, öffnet sich hinter Justinian buchstäblich die Welt. In der Ferne ist die Belagerung von Münster in Westfalen gezeigt, an der Justinian im Kampf gegen die Wiedertäufer an der Spitze der Truppen der Reichsstadt Frankfurt teilgenommen hatte.

Heinrich Kellner (1536–1589)
Italiens Altertümer in Kupferstichen, vor 1589
116 italienische Kupferstiche.Frankfurt, Universitätsbibliothek
Vielleicht schon während seiner Studienjahre in Italien, vielleicht aber auch erst auf einer der Frankfurter Messen nach seiner Berufung zum Syndikus der Reichsstadt, erwarb Heinrich Kellner eine umfangreiche Sammlung von Kupferstichen des 16. Jahrhunderts mit Ansichten römischer Altertümer. Die meisten Blätter stammen aus der Grafikfolge »Speculum Romanae Magnificentiae« des Antonio Lafreri (1512–1577). Alle Kupferstiche wurden in ein großformatiges »Kunstbuch« eingeklebt, wobei manche der Blätter ein aufwändig gestaltetes Passepartout erhielten.
Aufgeschlagen ist Lafreris Rückansicht der antiken Statuengruppe der »Rossebändiger« auf dem Quirinal. Um die Dimensionen der Figuren maßstabsgetreu zu visualisieren, ist im Vordergrund ein Zeichner zu sehen, der die Skulpturen in ihrem damaligen Zustand skizziert.

Heinrich Kellner (1536–1589)
Kunstbuch, 1588
16 Zeichnungen, Druckgrafiken und Scherenschnitte, Pergament und Büttenpapier.Frankfurt, Universitätsbibliothek
Im Verlauf des Jahres 1588 legte Heinrich Kellner sein als »Kunstbuch« bezeichnetes Sammelalbum für Druckgrafiken und Zeichnungen deutscher Künstler an, das durch seinen unverhofften Tod Anfang 1589 allerdings unvollendet blieb. Nach seiner Wiederentdeckung im Bestand der Frankfurter Universitätsbibliothek wird es hier erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Trotz seines geringen Umfangs ist es eine kleine Sensation – nicht nur wegen seiner erstaunlichen Bildauswahl zwischen Kirchenkritik, Pornografie und Philologie, sondern auch wegen seiner bloßen Existenz, denn vergleichbare »Kunstbücher« des 16. Jahrhunderts haben sich sonst fast nur aus adligem Besitz erhalten. Als frühes Zeugnis bürgerlicher Sammelkultur in Frankfurt nimmt Kellners »Kunstbuch« daher einen herausragenden Platz ein.

»Portraits de la Maison de Hesse«, Klebeband aus der Sammlung der Landgrafen von Hessen-Kassel, 2. H. 18. Jh.
aufgeschlagen Doppelseite mit Jacob van der Heyden (1573–1636), Bildnisse von Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel (1602–1637) und seiner Ehefrau Amalie Elisabeth von Hanau-Münzenberg (1602–1651) mit ihren zwölf Kindern, 1636
Kupferstich/Radierung. Kassel, Museumslandschaft Hessen Kassel, Graphische Sammlung
Ein Teil der erhaltenen Bestände des Kupferstichkabinetts der Landgrafen von Hessen-Kassel befinden sich auch heute noch in den originalen Klebebänden des 18. Jahrhunderts. Dazu zählt auch dieser Band mit den Bildnissen der Angehörigen des Hauses Hessen. Nicht nur seine stattlichen Maße, sondern auch die repräsentative Art der Präsentation der Bildnisse zeugt von fürstlichem Selbstverständnis.
Aufgeschlagen ist das Kupferstichbildnis der Familie von Landgraf Wilhelm V. von dem u. a. auch in Frankfurt tätigen Jacob van der Heyden.

Titelblatt der Porträtsammlung des Joachim Andreas Sauer, vor 1784
Montage eines Kupferstichs und einer Radierung auf einem Bogen handgeschöpften Papiers. Frankfurt, Universitätsbibliothek
Das Titelblatt von Sauers heute leider aufgelöstem Sammelalbum mit Porträtgrafiken ist ein Pasticcio aus zwei älteren Druckgrafiken. Oben montierte der Sammler das Widmungsblatt der bereits 1738 erschienenen Kupferstichfolge des »Florirenden Frankfurth«, wobei er den Text ausschnitt und mit seiner eigenen Titelangabe ersetzte. Unten klebte er die Frankfurt-Ansicht einer gedruckten Handwerkskundschaft ein, die seit den 1770er Jahren von den Frankfurter Zünften genutzt worden war, um weiterziehenden Gesellen einen Tätigkeitsnachweis auszustellen.
Wie Sauers handschriftliche Titelangabe betont, hatte er Bildnisse von Frankfurtern zusammengetragen und diese nach ihrem gesellschaftlichen Rang und (Ab-)Sterbedatum angeordnet.

Unbekannter Stecher
Bildnis des Johann Samuel Adami (1638–1713), 1694, aus Grohtes Sammlung druckgrafischer Porträts von Schriftstellern
Kupferstich/Radierung. Frankfurt, Historisches Museum Frankfurt
Der sonst nicht näher bekannte Frankfurter Sammler Grohte, vermutlich selbst Drucker oder Buchhändler, trug unter dem Bildnis des Theologen Adami nicht nur biogrfische Informationen ein, sondern auch eine Aufstellung von dessen Veröffentlichungen mit Angaben zu Umfang und Preis. So heißt es gleich zu Anfang: »Adami (Joh(ann) Sam(uel)) Deliciae biblicae oder biblische Ergötzlichkeiten über das Alte und Neüe Testament, 24 Theile und ein Theil Haupt Register & Dreßden Nürnbg 1690. 692. 699. 705. 16 rh [=Reichstaler] 16 gr [=Groschen].«

Frankfurter (?) Künstler
Bildnis des Johann von Fichard, um 1570
Öl auf Pappelholz. Frankfurt, Städel Museum
Johann von Fichard (1512–1581) zählt zu den bedeutendsten deutschen Juristen des 16. Jahrhunderts. Nach dem Studium der Rechte in Heidelberg, Basel und Padua war er seit 1538 Syndikus seiner Geburtsstadt Frankfurt. Durch seine Heirat stieg er ins Frankfurter Patriziat auf. Fichard arbeitete als Anwalt und juristischer Berater nicht nur für die Stadt Frankfurt, sondern auch für Städte und Fürsten in ganz Deutschland. Sein juristisches Hauptwerk ist die Kodifizierung des Rechts der Stadt Frankfurt, die 1578 publiziert wurde.
Das Gemälde wurde nicht lange vor Fichards Tod geschaffen. Es inszeniert ihn durch seine Berufstracht als wohlhabenden Staatsdiener; die Bücher im Hintergrund verweisen auf den Gelehrten, die Goldkette mit der Porträtmedaille eines römischen Kaisers, vielleicht des Antoninus Pius (86–161), dürfte auf seine Kunstsammlung anspielen.

Rekonstruktion der Anordnung der Porträtgrafiken in Joachim Andreas Sauers Klebealbum auf den Seiten 76 und 77
Alle Blätter: Frankfurt, Universitätsbibliothek
Bei der Rekonstruktion des erst in den 1970er Jahren aufgelösten Klebealbums spielten Klebespuren eine wichtige Rolle, denn die Grafiken waren aus Platzgründen z. T. überlappend aufgeklebt. Bleistiftzahlen erschließen ihre Reihenfolge. Die Seitenzahlen lassen sich schließlich durch Arthur Richels 1929 publizierte »Literatur zur Familien- und Personengeschichte« in der damaligen Stadt- und heutigen Universitätsbibliothek Frankfurt bestimmen.
Die beiden hier rekonstruierten Seiten zeigen Porträts der Juristen Justinus Gobler (1504–1567), Johann von Fichard (1512–1581) und Lucas Kupferschmidt (1599–1662). Sie alle haben als Frankfurter Stadtsyndici den gleichen sozialen »Rang« und die Reihenfolge ihrer Porträts entspricht ihrem Todesjahr; die Anordnung entspricht also den Angaben auf dem Titelblatt von Sauers Klebealbum.

Daniel Thielen (1623–1711)
Bildnis des Philipp Jacob Spener, um 1700
Öl auf Leinwand
Philipp Jacob Spener (1635–1705) war der Begründer der Reformbewegung des Pietismus und zugleich einer der bedeutendsten evangelischen Theologen seiner Zeit. Während seiner Tätigkeit in Frankfurt von 1666 bis 1686 war Spener Vorsteher des Frankfurter »Predigerministeriums«, also der evangelischen Kirchenleitung. Ab 1670 versammelte er auch interessierte Gläubige zum privaten Bibelstudium um sich. In Frankfurt erschien 1675 seine Reformschrift »Pia Desideria oder herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirche«, die ihn über Deutschland hinaus bekannt machen sollte.
Das Porträt zeigt Spener in der charakteristischen Tracht lutherischer Theologen mit schwarzem Talar, schwarzem Scheitelkäppchen und weißer Halskrause. Die Rechte bekenntnishaft vor die Brust erhoben, ist er umgeben von theologischen Schriften.

Hermann Boss (1643–1701)
Bildnis des Johann Ludwig Witzel, um 1690
Öl auf Leinwand. Frankfurt, Historisches Museum Frankfurt
Nach seinem Medizinstudium in Straßburg war Johann Ludwig Witzel (1627–1692/93) seit 1653 in Frankfurt als Arzt tätig. Ab 1656 war er Stadtphysikus, später auch Arzt am Heilig-Geist-Hospital. 1671 bewarb sich Witzel erfolglos um die Aufnahme in eine der Frankfurter Patriziergesellschaften.
Hermann Boss‘ Porträt zeigt ihn in schlichter schwarzer Amtstracht mit weißem Beffchen und grauer Allongeperücke. Anstelle medizinischer Instrumente, wie man sie typischerweise bei einem Ärzteporträt erwarten würde, präsentiert Witzel stolz seine Medaillensammlung auf dem vor ihm stehenden Tisch. Eine weitere Porträtmedaille hat er an seiner Schoßweste befestigt; sie zeigt das Bildnis des Mainzer Erzbischofs Damian Harthard von der Leyen (1624–1678) und war vermutlich ein Geschenk des Dargestellten an Witzel.

Elias Christoph Heiss (1660–1731)
Bildnis des Johann Balthasar von Keib (1637–1697), 1697
Schabkunst. Frankfurt, Universitätsbibliothek
Ein hochovaler Bilderrahmen auf einem schlichten Sockel mit dem leicht nach links gewandten Brustbild eines distinguiert aussehenden Herrn der patrizischen Stadtherrschaft, der in Richtung des Betrachters aus dem Bild schaut: In diesem immer gleichen Schema ließen sich die Mitglieder des Frankfurter Patriziats über 40 Jahre hinweg im Schabkunstbildnis darstellen.

Elias Christoph Heiss (1660–1731)
Bildnis des Johannes Erasmus von Klettenberg und Wildeck (1634–1716), 1716
Schabkunst. Frankfurt, Universitätsbibliothek
Eine Inschrift auf dem Sockel teilt Namen, berufliche Erfolgsgeschichte und Alter bzw. Lebensdaten des Dargestellten mit. Das Familienwappen, das Sockelzone und Rahmen miteinander verklammert, verweist auf die herausgehobene soziale Stellung. Diese uniform anmutende Ausgestaltung der Bildnisse spiegelt den Wunsch der elitären Familienverbände nach einheitlichem Auftreten, um sich zur bürgerlichen Mittelschicht abzugrenzen und den eigenen Machtanspruch zu untermauern.

David Le Clerc (1679–1738)
Bildnis des Johann Hieronymus von Holzhausen, um 1705
Öl auf Leinwand. Frankfurt, Städel Museum
Johann Hieronymus von Holzhausen musste 1705 seine berufliche Laufbahn als Offizier aufgrund einer schweren Krankheit beenden. Im Porträt von David Le Clerc erinnert der dunkle Brustpanzer mit auffälliger goldfarbener Schnalle noch an diese Rolle. Er kehrte in seine Heimatstadt Frankfurt zurück und bekleidete dort in den folgenden Jahren unterschiedliche Ämter. 1722 wurde er zum Jüngeren Bürgermeister ernannt. In dieser Amtszeit erneuerte und erweiterte er das Landgut der Familie, die »Holzhausensche Oed«, welche er im Jahre 1709 geerbt hatte, und ließ das bis heute erhaltene »Holzhausenschlösschen« errichten.

Johann Georg Ziesenis (1716–1776)
Bildnis der Marie Sophie Friedericke von Holzhausen, um 1758
Öl auf Leinwand. Frankfurt, Städel Museum
Wie eine Erwachsene – geschminkt, gepudert und aufwändig kostümiert – sitzt die zehnjährige Marie Sophie Friederike von Holzhausen (1748–1796) aufrecht in einem Lehnstuhl. Sie hält die Pfote eines Hündchens, das mit Hilfe eines Dressierstabs Männchen macht. Die Tierdressur gleicht der des Kindes: Seine äußerliche Formung steht stellvertretend für die Erziehung zur Ehefrau, die sich auf Repräsentation, die Erfüllung ihrer häuslichen Aufgaben und der ehelichen Treue, die der Hund symbolisiert, versteht.

Johann Jakob Haid (1704–1767)
Bildnis des Christian von Münch, um 1757
Schabkunst. Frankfurt, Universitätsbibliothek
Christian von Münch (1690–1757) entstammte dem Frankfurter Patriziat; die Familie betrieb ein Bankhaus. Christian von Münch ging nach Augsburg, heiratete ins dortige Patriziat ein und gründete mit seinem Schwager eine Bank, die für den Wiener Hof ein wichtiger Lieferant von Luxusgütern und Darlehen war. Im Jahre 1731 wurde Christian von Münch von Kaiser Karl VI. in den Reichsadelsstand erhoben.
So hat von Münch stolz seine Linke auf das Adelsdiplom gestützt, während eine Porträtmedaille des Kaisers an der Kette vor seiner Brust prangt. Seit dem Erwerb der Herrschaft Aystetten 1733 nannte er sich Christian von Münch auf Aystetten. Das dortige Schloss ließ von Münch 1740 erweitern; 1749 kam auch Schloss Filseck in seinen Besitz. Beide Schlösser sind im Schabkunstblatt wiedergegeben: Aystetten im Fensterausblick, Filseck im Kupferstich auf dem Tisch.

Dreiteiliger brauner Herrenanzug (»habit à la française«), Rock, Kniehose und Weste, um 1775
Frankfurt, Historisches Museum Frankfurt
Als weltläufiger Banker und Patrizier ließ sich Christian von Münch in modischer Tracht darstellen. Der hier ausgestellte dreiteilige Anzug, ein »habit à la française«, ist nur wenig später als das Schabkunstblatt entstanden. Rock und Kniehose sind aus Seidensamt, die Weste aus »Gros-de Tours«, einem Seidengewebe mit Rippeneffekten, gefertigt. Rock und Weste sind zudem mit aufwendigen, naturalistischen Vergissmeinnicht-Stickereien verziert.

Johann Jacob Haid (1704–1767)
Bildnis des Lorenz Heister, 1744
Schabkunst. Frankfurt, Historisches Museum Frankfurt
Der aus Frankfurt stammende Chirurg, Anatom und Botaniker Lorenz Heister (1673–1758) war einer der berühmtesten Naturwissenschaftler seiner Zeit, dessen Bildnis bereits zu seinen Lebzeiten in Johann Bruckers »Bilder-sal heutiges Tages lebender, und durch Gelahrtheit berühmter Schrifft-steller« aufgenommen wurde.
Das Schabkunstblatt erfreute sich großer Beliebtheit und erschien in unterschiedlichen Ausführungen. So gibt es das Blatt auch mit einfacherer Rahmenform und ohne die Darstellung der hinter Heister aufgehängten, präparierten Hand. Derartige Modelle dienten schon zu Heisters Zeiten der akademischen Lehre.

Matthäus Merian d. Ä. (1593–1650)
Titelkupfer zu Caspar Bauhin, Vivae imagines partium corporis humani, Frankfurt 1620
Kupferstich. Frankfurt, Universitätsbibliothek
Ein besonders reiches allegorisches Bildprogramm entfaltet dieses in Kupfer gestochene Titelblatt einer medizinisch-anatomischen Veröffentlichung. Das im Melancholiegestus gezeigte Skelett oben rechts erinnert den Betrachter an die irdische Endlichkeit, die ausgeweidete, stehende weibliche Gestalt nimmt die Haltung einer »Venus pudica«, d. h. einer schamhaft ihre Blöße bedeckenden Liebesgöttin, ein und bringt dadurch eine erotische Komponente ins Bild, während der zur Sektion vorbereitete Schweinekadaver im Vordergrund für eine humoreske Note sorgt.

George Desmarées (1697–1776)
Bildnis der Esther Barbara Sandrart, 1725
Öl auf Leinwand. Amsterdam, Amsterdam Museum
Georges Desmarées schildert die greise Sammlerin an einem Tisch sitzend, auf dem sie ihre Schätze ausgebreitet hat, als wolle sie sie einem imaginären Besucher ihres Kabinetts präsentieren und erklären.

Johann Simon Negges (um 1726–1792)
Bildnis des Johann Jakob Scheuchzer, um 1760
Schabkunst. Frankfurt, Universitätsbibliothek
Dieses anspruchsvolle Schabkunstblatt diente als Frontispiz von Johann Jakob Scheuchzers (1672–1733) literarischem Hauptwerk, der »Kupfer-Bibel, In welcher Die Physica Sacra, Oder Geheiligte Natur-Wissenschafft Derer in Heil. Schrifft vorkommenden Natürlichen Sachen, Deutlich erklärt und bewährt [werden]«. Scheuchzer versuchte in diesem reich bebilderten Werk auf originelle Weise systematisch Theologie, Naturwissenschaft und Humangeschichte zu vereinen.

Ludwig Hauck (1718–1801)
Bildnis des Johann Christian Senckenberg, 1748
Öl auf Leinwand. Frankfurt, Dr. Senckenbergische Stiftung
Johann Christian Senckenberg (1707–1772) war ausgesprochen medienbewusst und ließ sich insgesamt dreimal malen. Das Gemälde von Ludwig Hauck ist das früheste und zeigt den modisch gekleideten Arzt als erfolgreichen Wissenschaftler vor einer Parklandschaft.

Johann Benjamin Ehrenreich (1733/39–1806)
Senckenbergs Kater, 1751
Öl auf Leinwand. Frankfurt, Dr. Senckenbergische Stiftung
Das Gemälde von Senckenbergs Kater, genannt Catus, ist zweifellos das ungewöhnlichste »Porträt« in dieser Ausstellung. Das offensichtlich übergewichtige Tier wurde trotz seiner Vorliebe für fettige Nahrung stolze 18 Jahre alt. Senckenberg ließ Catus von dem Landschaftsmaler Ehrenreich gemäß den Porträtkonventionen der damaligen Zeit porträtieren. Eine erbeutete Maus dient als »Statussymbol«, die den Kater als Haustier von Rang auszeichnet.
In seinen Tagebüchern berichtet Senckenberg häufig von seinem geliebten Kater, der als »Patient« eine eigene Krankenakte hatte. Nach dessen Ableben verfasste Senckenberg sogar einen Nachruf. Dort heißt es u. a.: »Hätte vielleicht noch länger gelebt, so er nicht so wohl und fett gehalten, item mehr Motion gehabt hätte. War immer lustig und fienge s. Ratten v. ward so wie die alte thiere sind sehr klug.«

Franz Laubler mit seinem Mordopfer, dem evangelischen Archidiakon an der Dresdner Kreuzkirche Hermann Joachim Hahn, 1726
Kupferstich. Frankfurt, Universitätsbibliothek
Am 21. Mai 1726 geschah in Dresden ein Mord, der vielfache mediale Resonanz fand: Der katholische Soldat Franz Laubler (1684–1726) erstach heimtückisch den lutherischen Archidiakon Hermann Joachim Hahn (1679–1726) in dessen Haus, da er diesen für seinen eigenen Glaubenskonflikt verantwortlich machte. Im Frontispiz zu der dem Geschehen gewidmeten Publikation »Das Betrübten Dreßden« wird der Tathergang geschildert. Christusgleich und der göttlichen Erlösung gewiss erträgt Hahn sein Leid.

Spottmedaille (Schraubmedaille mit Inhalt) auf Joseph Süß Oppenheimer, 1738
Silbermedaille, kolorierte Kupferstiche. Stuttgart, Landesmuseum Württemberg, Münzkabinett
Nach dem Schema fürstlicher Prunk- und Schaumedaillen wird auf der Vorderseite dieser Spottmedaille das Bildnis des württembergischen Finanzrates Joseph Süß Oppenheimer (1698–1738) präsentiert. Nach dem überraschenden Tod seines Dienstherrn, des Herzogs Karl Alexander von Württemberg (1684-1737), wurde sein wichtigster Berater gestürzt und als Sündenbock in einem Schauprozess zum Tod verurteilt. Die Rückseite der Schaumedaille zeigt sein Ende am Galgen. Das Innere enthält zusätzlich eine Kupfersticheinlage, die in 19 Stationen Oppenheimers Leben erzählt.
I. Prélude
II. Allemande
III. Courante
IV. Sarabande
V. Menuets
VI. Gigue
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